Gadi lebt als Dozent für hebräische Sprache in Zürich, als sein Vater in Israel im Sterben liegt. Über dreissig Jahre hatte er keinen Kontakt mehr zu ihm. Wider Willen reist er ans Krankenbett des Vaters, nach seinem Tod bleibt ein unbequemes Erbe: eine Tasche mit Tagebüchern und Aufzeichnungen sowie der letzte Wunsch, die Hälfte seiner Asche solle in den Tigris gestreut werden.
Als Gadi in einem der Hefte zu lesen beginnt, begegnet ihm nicht nur ein unbekannter Vater, sondern auch ein dunkles Kapitel der irakischen Geschichte: die Vertreibung der dort seit über zweitausend Jahren ansässigen jüdischen Bevölkerung unter tatkräftiger Hilfe der Nationalsozialisten. 1934 in Bagdad geboren, erlebte Gadis Vater die Ausgrenzung bis zu den Pogromen und der Flucht nach Israel. Trotz seiner Widerstände kann sich Gadi nicht mehr von der Geschichte seines Vaters lösen und beschliesst, mit der Urne nach Bagdad zu reisen.
Ein eindrücklicher Roman über ein Stück irakischer Geschichte, das untrennbar mit der deutschen und europäischen Vergangenheit verbunden ist.
Heute bin ich vierundachtzig Jahre alt geworden. Ich bin das letzte Mitglied der Familie Mieche, das in Bagdad zur Welt kam. Und nach meiner Mutter werde ich das zweite sein, das nicht im Irak stirbt. Ich möchte, dass mein Leichnam eingeäschert wird. Die eine Hälfte der Asche soll in Jerusalem im Grab meiner Mutter der Erde beigesetzt, die andere Hälfte in Bagdad unter der alten Brücke im Tigris verstreut werden. Dort, wo ich die schönsten Momente meiner Kindheit verbracht habe.